Joscha Bach, wie lange gibst du der Menschheit noch?

Mit dem Kognitionsforscher Joscha Bach zu sprechen, ist ein bisschen wie eine Sinfonie seines berühmten Vorfahren, Johann Sebastian Bach, zu hören. Man versteht nicht alles, aber man genießt, lernt und wächst an dem, was die eigenen Ohren mitbekommen.

Ein paar Takte zur Kostprobe:

„Ich habe kein Interesse daran, das zu tun, was der Rest der Welt tut. Denn das, was der Rest der Welt macht, ergibt meist keinen Sinn.“

„Künstliche Intelligenzen sind unsere Kinder.“

„Die Menschen, die auf den Mars umsiedeln, werden nur noch wenig Ähnlichkeit mit unserer jetzigen Lebensform haben.“

Joscha wuchs in den Siebziger Jahren in einer thüringischen Wassermühle auf – einsam, und unendlich neugierig. Seine Eltern, beide Künstler, hatten sich von Stadtleben verabschiedet. Lange fühlte er sich in der gesamtdeutschen Nachwende-Gesellschaft „wie ein Alien“ – von niemandem repräsentiert oder verstanden.

Nach einem selbstorganisierten Studium Generale, in dem Joscha die Regeln der Berliner Studienordnung aus den Angeln hob, entschied er sich zum Umsiedeln in die USA, um das Denken zu erforschen, und entdeckte dort schließlich seine Leidenschaft – "die Beschäftigung mit Künstlicher Intelligenz" und die Frage – "was ist eigentlich Bewusstsein?"

„Erst in den USA habe ich mit Deutschland meinen Frieden gemacht.“ Nach Stationen in Harvard und am MIT Media Lab, wo sich seine Laufbahn mit der von Jeffrey Epstein kreuzte – auch darüber sprechen wir – ist er inzwischen im Silicon Valley Forschungschef bei Intel Labs. „Ich würde lieber in Deutschland leben“, sagt Joscha, aber die Forschungsumgebung in den USA sei einzigartig und hält ihn in Mountain View – genauso wie die Familienkatze und die deutsche Schule, auf die seine beiden Kinder gehen.

Eine der faszinierendsten künstlichen Intelligenzformen ist für Joscha die Plattform Twitter: in Echtzeit denkend, ständig in kleinsten Einheiten neu vernetzt, selbstorganisiert – eigentlich ein Gehirn der Menschheit, aber programmiert, um zu polarisieren und damit hochproblematisch. Joscha glaubt, dass Elon Musk, der Twitter kaufen will, das Problem der Polarisierung durch Algorithmen verstanden hat und vielleicht lösen könnte. „Er ist der einzige, der so etwas überhaupt versuchen kann.“

Ansonsten hält er sich mit Prognosen für unsere Zukunft mit oder ohne Maschinen zurück. Die Frage, wo und wie er und seine Frau und zwei Kinder in zehn Jahren leben, kann er nicht beantworten: „die Frage überfordert mich“. Wie viele andere plant auch er, der Intelligenz- und Zukunftsforscher, angesichts der rasenden Veränderung unserer Zeit nur Monate voraus. Unserer Zukunft als Menschheit gibt er im aktuellen System nicht mehr lange. „Wir werden uns etwas komplett neues ausdenken müssen.“ Ist das dann eher wie Star Trek, Westworld, oder doch eher der Mars? Darüber und viel mehr sprechen wir in unserer 50.(!) Folge von Wunderbar Together.

 

Shownotes:

Ein langes Intro heute. Das hat auch seine Gründe: denn diese Episode mit Joscha Bach ist Folge 50. Happy anniversary. (00:01)

Wen kennt Joscha Bach, den er als Genie bezeichnen würde? (12:28)

Wo befindet sich Bach gerade genau? (14:55)

Bach hat im Vorgespräch signalisiert, dass er unbedingt über den möglichen Kauf von Twitter durch Elon Musk sprechen wollte. Inwiefern ist Twitter ein globales Gehirn? (17:20)

Wie sieht die Zukunft von Twitter in der Vision von Elon Musk aus? (28:18)

Ist Politik komplizierter als Quantenmechanik? (34:20)

War es richtig, dass Twitter den Account von Trump gesperrt hat? (35:40)

Baut Bach wirklich ein Gehirn nach? (38:49)

Warum bist in die USA abgewandert? (46:35)

Wie funktioniert Denken und welchen Teil des Denkens erforscht Bach aktuell? (50:55)

Das Magazin Science schreibt in einem Artikel, Bach hätte damals Spenden von Jeffrey Epstein bekommen. Ein Investmentbanker, der inzwischen als schuldig gilt, Minderjährige sexuell ausgebeutet zu haben. Seine Vertraute Gihislaine Maxwell wurde gerade heute, kurz vor dieser Aufnahme, zu 20 Jahren Haft verurteilt. Wie schwer ist es, Forscher in diesem Land zu sein, wenn man immer wieder darauf vertrauen muss, Geld von reichen Menschen anzunehmen, deren Hintergrund man kaum kennt? (01:00:08)

Denkt Bach manchmal darüber nach, seine Forschung in Deutschland fortzuführen? Und zudem erörtern wir hier eine weitere große Frage: Inwiefern wird sich der Friedenszustand in Deutschland künftig verändern? (01:07:39)

Warum würde Bach lieber in Deutschland leben? (01:10:29)

Bach sagte in einem Interview kürzlich, dass wir Menschen noch ein paar 100 Jahre weitermachen können und dann sei Schluss. Wie meint er das? (01:16:20)

Was plant Bach für sein eigenes Leben? (01:19:25)

Wie lange können wir in der jetzigen Gesellschaftsform noch weiterleben? (01:25:37)

Ist Bach religiös? (01:31:39)

Werden wir Menschen irgendwann auf den Mars umsiedeln? (01:40:18)

Was denkt Bach, ist der wichtigste Skill, den Kinder heutzutage erlernen sollten? (01:44:13)

 

Keine Folge mehr verpassen? 

Ihr möchtet in Zukunft keine Folge mehr verpassen? Dann abonniert unseren Podcast gerne bei Spotify oder Apple.

SWA.jpg
SWB.jpg